Fünf Strompreiszonen für Deutschland

Empfehlen jedenfalls die Netzbetreiber.

Hi Cleantechie!

Dieser Newsletter gibt dir jede Woche in 5 Minuten den Überblick über die wichtigsten Unternehmen, Forschungsdurchbrüche und Trends der Branche.

Für diese Ausgabe schaue ich in den lang ersehnten Bericht der europäischen Netzbetreiber zu Strompreiszonen. Ganz kurze Zusammenfassung: Sie empfehlen für Deutschland fünf verschiedene Preiszonen.

Aber diese Empfehlung kommt mit vielen Einschränkungen. Ich zeige dir die wichtigsten Punkte aus dem Report.

Let’s go!

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Fünf Strompreiszonen für Deutschland

Die europäischen Übertragungsnetzbetreiber empfehlen in einem neuen Bericht eine Aufteilung der einheitlichen deutschen Strompreiszone. Alle anderen Strompreiszonen in Europa blieben unverändert.

Die Aufteilung der deutschen Zone wäre die “ökonomisch effizienteste“ Variante.

Warum über Strompreiszonen diskutiert wird

  • Deutschland hält künstlich einen einheitlichen Strompreis aufrecht.

  • Aber die Realität ist: Im windreichen Norden gibt’s oft günstigen Strom, im Süden nicht.

  • Fehlende Leitungen erzwingen den Einsatz teurer Gaskraftwerke im Süden.

  • Diese Fiktion wollen Nord-Bundesländer und EU-Nachbarn wie Schweden beenden.

Was genau die europäischen Netzbetreiber empfehlen

Der Plan sieht fünf separate Preiszonen vor – grob aufgeteilt in Nordwest, Nord, Ost, Süd, und West. Die Details aus dem Bericht sind aufschlussreich:

  • Strom wäre in Schleswig-Holstein 20 Prozent billiger als in Bayern.

  • Im Osten zehn Prozent billiger als im Westen.

  • Das Muster ist klar: Billiger Strom dort, wo viele Erneuerbare stehen (Dänemark, Norddeutschland), teurer dort, wo Fossile dominieren (Mittelosteuropa)

Der Vorschlag hätte Vorteile: €340 Millionen pro Jahr könnten eingespart werden, weil weniger teure Gaskraftwerke zur Preisstabilisierung nötig wären.

Allerdings zeigen die Simulationen in dem Report auch Nachteile:

  • Kleinere Zonen könnten zu stärkeren Preissprüngen führen.

  • Die Engpässe würden sich nur verlagern: Weniger zwischen den Zonen, aber mehr innerhalb der Zonen.

Methodisch hat der Bericht zwei große Schwächen:

  • Die Analyse basiert auf Daten von 2019 - vor Gaskrise, Solarboom und Batterie-Boom.

  • Neue Stromleitungen, die bis 2025 fertig werden, bleiben unberücksichtigt. Laut Bundesnetzagentur sollen bis 2028 jedes Jahr 4000 neue Leitungskilometer kommen.

Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Amprion, 50Hertz, Tennet und Transnet BW haben diese Punkte in einem eigenen Positionspapier aufgegriffen und wenden sich gegen die Empfehlung.

Was jetzt passiert

Der Zeitplan ist eng. Die europäischen Regierungen haben nun sechs Monate Zeit zu reagieren.

Dabei steht Deutschland unter besonderem Druck: Seit 2020 verfehlt das Land das EU-Ziel, mindestens 70 Prozent seiner grenzüberschreitenden Leitungen für den europäischen Stromhandel bereitzustellen. Mit nur 41 Prozent (Stand 2023) liegt Deutschland weit zurück.

Laut FAZ läuft es auf drei Szenarien hinaus: Entweder Deutschland handelt selbst, die 13 europäischen Übertragungsnetzbetreiber einigen sich auf eine Reform, oder die EU-Kommission entscheidet allein. In jedem Fall tickt die Uhr.

In Deutschland sind vor allem Energieökonomen und Nordbundesländer für eine Aufteilung der Preiszonen. Dagegen stemmt sich eine breite Phalanx aus Verbänden und Südbundesländern, angeführt von der nächsten Bundesregierung, die in ihrem Koalitionsvertrag explizit an der einheitlichen Strompreiszone festhält.

🍏 Was ich denke

In den nächsten sechs Monaten werden die Befürworter einer einheitlichen Strompreiszone sehr viel reden müssen. Ein lapidarer Satz im Koalitionsvertrag überzeugt niemanden in Europa.

Der Druck auf Deutschland steigt kontinuierlich, der physikalischen Realität in seinem Netz einen Satz entsprechend realistischer Preissignale mitzugeben.

Das ist wichtig für die Integration von Erneuerbaren, Speichern und Elektrolyseuren. Es ist aber auch wichtig für die grenzüberschreitende Integration des europäischen Stromnetzes. Wenn die Länder Europas mehr Strom handeln und ihre jeweiligen Netze stärker verschränken, senkt das die Preise und schafft mehr Versorgungssicherheit.

Sicher, die Gegenargumente gegen einen Zonensplit haben Gewicht. Vor allem zwei Punkte stechen hervor: Die Umsetzung würde sehr lange dauern und am Ende eine Netzwirklichkeit widerspiegeln, die mal 2019 galt. Und das Ganze, um den eher geringen Betrag von €340 Millionen pro Jahr zu sparen?

Aber selbst, wenn dieser konkrete Vorschlag all den Aufwand nicht wert ist, das generelle Ziel ist es: Echte Preise in den Markt bekommen.

Nur mit ihnen kann die Energiewende vollendet werden. Nur mit ihnen wissen diese Projektierer der ganz großen Lasten (Elektrolyseure, Aluhütten etc.) und der Batteriespeicher, wo eine Ansiedlung wirklich rentabel wäre.

Dabei geht die ganze Strompreiszonen-Debatte selbst nicht weit genug.

Auch eine norddeutsche und süddeutsche Strompreiszone wäre immer noch ein Behelfskonstrukt. Sie wäre zwar näher dran an der Realität als die fiktive einheitliche Strompreiszone.

Aber trotzdem müssten dann in Mannheim vielleicht die gleichen Preise gezahlt werden wie in Konstanz am Bodensee – obwohl vor Ort an den relevanten Netzpunkten große Unterschiede herrschen können.

Andere Länder wie Neuseeland oder Singapur bestimmten die Preise nicht über Zonen, sondern genau über diese Netzknoten. Das bringt eigene Herausforderungen mit sich – mächtige Computermodelle und neuartige Handelsinstrumente wären nötig für einen reibungslosen Ablauf.

Aber diese Herausforderung wäre immer noch kleiner, als bis ans Ende aller Tage an der einheitlichen Strompreiszone festzuhalten. Denn wenn es aussieht wie eine Ente und quakt wie eine Ente, wird es irgendwann schwer, der Welt weiß zu machen, dass man es eigentlich mit einem Hasen zu tun hat.

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