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Das Riesen-Potenzial der Speicherzwerge
Wie Heimspeicher nicht nur für ihre Besitzer, sondern auch für die Netze Vorteile bringen könnten.
Hi Cleantechie!
Dieser Newsletter gibt dir jede Woche in 5 Minuten den Überblick über die wichtigsten Unternehmen, Forschungsdurchbrüche und Trends der Branche.
In dieser Ausgabe geht es weiter im Speicherschwerpunkt und ich werfe einen Blick auf die kleinsten, die zusammen genommen aber ganz groß sind: Heimspeicher. Die These steht im Raum, dass sie der Energiewende mehr schaden als nützen. Was ist da dran?
Ich habe mit dem Energieökonomen Lion Hirth gesprochen, der das Thema öffentlich aufgegriffen hatte und zeige, was Speicherbesitzer tun können um ihre Anlagen trotz allem netzdienlicher laufen zu lassen.
Noch drei Hausmitteilungen:
Das ist die erste Ausgabe mit einem Artikel exklusiv für Mitglieder. Daher ist die Reihenfolge anders als gewohnt; zuerst die Links, dann der Deep Dive. Hier kannst du Mitglied werden.
Ich kann mein Doppelleben nicht länger verheimlichen – ich bin inzwischen auch auf Bluesky zu finden.
In der Jobs-Sektion findest du heute eine Stellenanzeige. Im Sinne der Transparenz: Für diese hervorgehobenen Anzeigen bekomme ich etwas Geld, sobald ein Unternehmen eine zweite Anzeige schaltet. (Die erste ist zum Testen immer frei, fyi). Falls du an einer Anzeige interessiert bist, hier entlang.
Let’s go!
Die guten Links
Deep Dives, die deine Zeit wert sind.
⚡️ Energieökonom Christoph Maurer hat sich auf Bluesky Zeit genommen und alle Optionen strukturiert, um Netzentgelte zu senken. Topp Einstieg ins Thema, das uns nächstes Jahr beschäftigen wird.
⚡️ Wichtige Differenzierung bei Ingenieur.de: Prognostizierte Netzausbaukosten sind nicht zwangsläufig die tatsächlichen – weil netzentlastende Einheiten wie Speicher, die nicht von den Betreibern selbst gebaut werden, in den Rechnungen nicht vorkommen.
🔋 Canary Media spricht mit Batterie-Startups aus den USA, die aus dem Northvolt-Debakel einen Schluss ziehen: gar nicht erst versuchen, mit China zu konkurrieren, sondern sich auf andere technologische Ansätze als Lithium-Ionen-Batterien konzentrieren. Ich hatte vor ein paar Monaten ähnlich argumentiert: „Die chinesischen Firmen sind führend in der aktuellen Batterietechnologie. Sie müssen es aber nicht zwingend in der nächsten Generation sein, die von Festkörperbatterien, Silizium-Anoden oder sogar anoden-freien Batterien bestimmt sein könnten.“
📚️ Die vielleicht beste Geschichte der Lithium-Ionen-Batterie, die ich bisher gelesen habe. Von – na klar – Brian Potter.
🇨🇳 🏜️ Vielleicht hast du schon von der grünen Mauer Chinas gehört. Das ist der Versuch der chinesischen Regierung, die Verwüstung mit Renaturierung aufzuhalten. Weniger bekannt, aber interessant: Auch Solarparks können dabei helfen. Carbon Brief schaut sich das genauer an.
🇺🇦 😮💨 Die Ukraine könnte eine wichtige Rolle in der europäischen Energieversorgung spielen. Ihr Schwerpunkt: Biogas. Bei Carbon Risk findest du eine Einführung ins Thema, zum Teil hinter der Paywall, aber auch davor noch mit ein paar interessanten Nuggets.
💶Die Cleantech-Startups, die es nicht durch 2024 geschafft haben. Liste mit Fokus USA.
Die wichtigen News
Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.
⚡ Energiepolitik und Strompreise
RWE-Chef Markus Krebber warnt vor Stromknappheit: System kam an Grenzen (Handelsblatt)
Industrie zahlt Rekordsummen für Strom: Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr (Energie & Management)
Strompreis explodiert: Netzagentur prüft Missbrauchsvorwürfe (n-tv)
Geplantes Kraftwerksgesetz von Habeck zurückgezogen (Energie & Management)
🌞 Solarenergie
KI hilft bei Suche nach Perowskit-Halbleitern für Solarzellen (Solarserver)
Fraunhofer entwickeln wärmedämmendes PV-Fassadenelement (Solarserver)
VDE-Norm für Steckersolargeräte verzögert sich (Golem)
🔋 Batterietechnologie und Marktentwicklungen
Lithium-Ion-Batteriepreise sehen größten Rückgang seit 2017 – auf 115 USD pro kWh gesunken (BloombergNEF)
86 Mrd. USD an verfügbaren Investitionen für Climatetech (CTVC)
US-Solarindustrie verändert Strategie für Trump-Ära: Fokus auf Wirtschaftlichkeit (Business Standard)
🌬️ Geothermie und andere Technologien
Bohrungen in Adlershof sind vielversprechend: Geothermie in Brandenburg (Tagesspiegel)
Technologische Durchbrüche erschließen das Potenzial der Geothermie weltweit (IEA)
Saisonale Wärmespeicher: Haushalte heizen im Winter mit Sommerwärme (Golem)
☢️ Kernenergie
Japans stillgelegte Kernkraftwerke: Neue Hoffnungen auf saubere Energie (Cipher)
🌾 Bioenergie
Der Biogas-Branche droht ein massives Anlagensterben (Energiezukunft)
🚗 E-Mobilität und Bergbau
Der Bergbau kehrt nach Sachsen zurück – dank E-Autos (n-tv)
Kaliforniens neue EV-Ladestationen: Infrastruktur im Fokus (Washington Post)
Ein Drittel der Deutschen glaubt an eine Verschwörung bei der Energiewende (Erneuerbare Energien)
Jobs & Deals
Kleine Premiere im Newsletter. Dieser Job kommt von Leser Nick Weickenmeier, Geschäftsführer von re-green. Solltest du dich bewerben, sag bitte, dass du die Anzeige hier gesehen hast! 🤝
🏢♨️ re-green sucht Projektleiter:in für die Dekarbonisierung von Großimmobilien. Du managst Projekte im Bereich PV und Wärmepumpen, von der ersten Verhandlung bis zur Abnahme. Erfahrung in der Versorgungs- und/oder PV-Technik nötig. Hybrides Arbeiten Frankfurt/Homeoffice. Gehalt: 40–80.000 € jährlich. Hier findest du mehr Details. Und hier kannst du dich direkt bewerben.
❓️ Falls dein Unternehmen auch Mitarbeiter:innen sucht, schreib es mir! Ich kann hier im Newsletter bis zu drei Anzeigen hervorheben.
Und noch eine Finanzierungsrunde
💶 Energie-Startup SpotmyEnergy aus Köln erhält €10,5 Millionen in einer Seed-Runde, angeführt von Norrsken VC, mit Beteiligung von Vorwerk Ventures und Picus Capital. 7 offene Stellen.
Der letzte Link
30.000 Euro kostet das Teil, aber das Innere sollte lieber niemand sehen. Wie bitte?
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Das Riesen-Potenzial der Speicherzwerge
Heimspeicher sind gut für ihre Besitzer, aber nicht per se fürs Netz – die These von Lion Hirth
„Es ist absolut nichts gegen Speicher an sich zu sagen. Speicher sind toll. Sie sind die Nerds unter den optimierten Anlagen, die können alles“, sagt Lion Hirth, Gründer der Energieberatungsagentur Neon Energy, als wir telefonieren. „Das Problem ist, dass sie den falschen Anreizen ausgesetzt sind.“
Berechnungen seiner Agentur zufolge mindert jeder Heimspeicher die Stromrechnung seines Besitzers im Schnitt um 340 Euro im Jahr, aber Kraftwerke und Netz werden nur mit umgerechnet 26 Euro entlastet. Und die Differenz gehe zulasten der Kunden ohne Speicher.
„Die Speicherbenutzer haben einen finanziellen Vorteil, aber der kommt ja nicht daher, dass es einen gesellschaftlichen Nutzen gibt. Ich spare Netzentgelte und Stromsteuern, aber das Geld fehlt im Netzentgelt-Haushalt bzw. im Bundeshaushalt.“
Pointiert und sicher auch bewusst provozierend nannte Hirth Speicher deswegen ein „Steuersparmodell“ und fügt hinzu, dass hier eine Umverteilung von unten nach oben stattfinde, weil die Ärmsten keine Speicher besitzen, aber Steuern und Netzentgelte zahlen.
Die Diskussion, die Hirth angestoßen hat, ist wichtig, weil Heimspeicher eine bisher nicht voll genutzte Reserve im Netz bilden können. Zusammengerechnet liefern sie so viel Leistung wie ein Drittel der deutschen Gaskraftwerke.
Wie groß das aktuelle Heimspeicher-Potenzial ist
Grob lassen sich die Batteriespeicherpotentiale in Deutschland in vier Kategorien einteilen: Großspeicher, Gewerbespeicher, Heimspeicher und die Batterien der E-Autos.
Am 15. Dezember waren 1,6 Millionen Heimspeicher im Marktstammdatenregister gemeldet. Dem stehen 11.000 Gewerbespeicher und 270 Großspeicher gegenüber. Nicht in diesem Register aufgeführt, aber natürlich trotzdem zählbar: 1,6 Millionen E-Autos sind in Deutschland zugelassen.
Die Heimspeicher liefern zusammen knapp 14 GWh Speicherkapazität, das siebenfache der derzeit arbeitenden Großspeicher. Sie tun das mit einer durchschnittlichen Kapazität von knapp 9 kWh.
Quelle: Battery-Charts / interaktive Version hier
Der Kapazitätsvorsprung der Heimspeicher wird sich verringern, weil immer mehr Großspeicher zugebaut werden, die verschiedene Funktionen im Netz erfüllen (hier habe ich eine Einführung geschrieben). Die aktuell wichtigste: Lastspitzen abfangen und so extreme Preissprünge verhindern, wie sie etwa in der Dunkelflaute am 12. Dezember 2024 auftraten.
Diese Funktion erfüllen Heimspeicher derzeit nicht, jedenfalls nicht direkt.
Welche Belege Hirth für seine These hat
Hirths These steht und fällt mir einem Datenpunkt: wann die Besitzer von Heimspeichern ihre Speicher vollladen.
Tun sie es, sobald die Sonne auf die heimische PV scheint und Überschuss da ist oder warten sie auf einen Zeitpunkt, an dem Strom generell billig ist.
Hirths Daten zeigen, dass die meisten Heimspeicher direkt am Morgen anfangen zu laden, gegen elf, zwölf Uhr voll sind und dann zum Zeitpunkt der größten Stromproduktion der PV ins Netz einspeisen. Das ist ein Problem, weil zu diesem Zeitpunkt alle einspeisen. Im Sommer führt das regelmäßig zu einem Überangebot an Strom.
Ich hatte eine Umfrage unter Lesern dieses Newsletters durchgeführt und auch ihr habt mir geschrieben, dass ihr grundsätzlich diesem Muster folgt. Bei den Zuschauern des AkkuDoktor auf Youtube ist es ähnlich.
Hirths Beobachtung ist also korrekt. Die Mehrheit der Heimspeicher wird nicht netzdienlich, sondern zur Optimierung des Eigenbedarfs genutzt.
Die Frage ist allerdings, ob seine Schlussfolgerung auch korrekt ist, ob Speicher derzeit wirklich nicht mehr als ein Steuersparmodell sind.
Wie Netzdienlichkeit konkret aussehen würde
Hirth beschreibt es so:
Ein sinnvoll betriebener Speicher […] lädt nachts (auch ohne Sonne), entlädt am morgen (auch wenn ich noch schlafe) und lädt erst am Nachmittag (beim Solar-Peak). Abends entlädt die Batterie (und zwar auch, wenn ich selbst gar kein Strom verbrauche). Die Optimierung orientiert sich an Netz und Markt. Nicht an meinem eigenen Verhalten.
In ihrer Studie (PDF) haben er und seine Kollegen es auch schön grafisch aufbereitet:
Was Heimspeicher derzeit bereits leisten
Heimspeicher sind schon heute netzdienlich – aber nicht im engeren Sinne.
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